CAMPEONES!Die große Hércules-Meisterserie in vier Teilen
- TEIL 2 -
Die Vorstellung, einmal Meister bei KSM zu werden, hatte ich so wirklich konkret eigentlich noch nie. Ich hätte mir nicht vorstellen können, ein Team zu formen, dass es wenigstens kurzfristig mit den starken Mannschaften aus Vigo, Barcelona oder von CF Madrid hätte aufnehmen können. Trotzdem kam ich zu Saisonbeginn mit dem ‘Meistertraum’ in Berührung. Ich blätterte nach dem Saisonwechsel die einzelnen Spieltage durch und sah, dass ich am 34. Spieltag zum Derby zu CF Madrid reisen musste. ‘Ach du Sch…’, dachte ich nur, ‘hoffentlich feiern die nicht ausgerechnet gegen uns den Titel’. Ich dachte aber auch kurz daran, wie es wohl wäre, ausgerechnet dort, im Stadion des großen Stadtrivalen, den Meistertitel zu holen. Das war allerdings ein Gedanke, der maximal fünf Sekunden in meinem Kopf vorhanden war und den ich - eigentlich als Spaß gedacht - im Marca-Interview vor der Saison auch so zum Besten gab.
Marca: Was ist Dein großer Traum bei KSM?
Don Hupe: Als ich den Spielplan für die neue Saison gesehen habe, kam mir ein verrückter Gedanke: So am 34. Spieltag mit einem Sieg beim Boss die ... zu gewinnen, wäre sicher das Allergrößte. Aber Träume sind Schäume, also vergessen wirs.
Die Taktik, mir keine Ziele zu setzen und von Spiel zu Spiel zu denken, erwies sich jedenfalls als komplett richtig. Übrigens auch eine Sache, die ich aus dem Abstieg gelernt habe. Was nutzt es mir, darüber nachzudenken, wie viele Punkte ich aus den nächsten vier Spielen hole, wenn gleich die nächste Partie verloren geht.
Nachdem wir möglichst schnell die 40 Punkte zum Klassenerhalt gesammelt hatten, lautete das nächste Ziel die 50-Punkte-Marke zu erreichen, um den einstelligen Tabellenplatz zu schaffen. Auch das ging recht schnell und so war das nächste Ziel, den CC-Quali-Platz möglichst früh unter Dach und Fach zu bringen.
Das nächste Spiel ist immer das wichtigste, so abgedroschen das auch klingt, es ist und bleibt wahr.
Bestes Beispiel dazu war das Spiel gegen Villarreal am 31. Spieltag. Nach unserem Sieg in Barcelona hatten wir den Abstand auf Vigo auf vier Punkte verkürzt und waren nun gegen Villarreal großer Favorit, während Vigo ein schweres Spiel bei CF Hospitalet vor der Brust hatte. Da ich die Meisterfrage für das Forum vorbereitete, musste ich mich zwangsläufig mit dem Restprogramm beschäftigen. Und schon setzte - zunächst eher unterbewusst - eine Art Hoffnung bei mir ein. ‘Villarreal schlagen und dann mal sehen, was noch machbar ist’, dachte ich mir.
Das Spiel gegen Villarreal war eine der nervenaufreibensten Partien der Saison. Ich hatte - aus welchem Grund auch immer, sollte ich doch abgelenkt gewesen sein und zuviel auf das Restprogramm geschaut haben? - die FSS-Einstellungen drin gelassen und kam mit einem Einsatz von 50% zu einem schmeichelhaften 2:1-Sieg, der erst in der 88. Minute sichergestellt wurde. So ist das halt, wenn man oben steht, hat man meist auch das nötige Glück.
Von diesem Moment an nahm ich mir vor, wieder ausschließlich von Spiel zu Spiel zu denken und da nach dem Sieg über Villarreal die CC-Quali gesichert war, wollte ich nun die direkte CC-Teilnahme ansteuern.
Da hätte uns ein Sieg in Vigo natürlich ein großes Stück weiter gebracht, aber ich gebe gern zu, dass ich nicht wirklich mit einem Erfolg dort gerechnet habe. Zu dominant trat der AC im ganzen Saisonverlauf auf und zu deutlich hatte uns Vigo beim 4:2 im Hinspiel die Grenzen aufgezeigt. Doch ich hatte auch etwas aus dem Hinspiel gelernt, denn es hatte sich deutlich gezeigt, dass wir mit etwas höherem Einsatz sogar noch besser hätten aussehen können. Daher schraubte ich in Vigo erstmals in dieser Saison den Einsatz etwas in die Höhe und erlebte eines der wohl besten Spiele meiner KSM-Karriere.
Wenn mich jemand fragen würde, wann ich zum ersten Mal in dieser Saison an den Titel geglaubt habe, dann würde ich antworten, nach dem 32. Spieltag. Die Reaktion von Dietze nach der Niederlage war deutlich. Zu sehr betonte er, dass Vigo die letzten beiden Partien gewinnen und den Titel nicht mehr aus der Hand geben würde. Ich merkte erstmals, dass dort jemand sehr starken Respekt vor unseren Leistungen hatte und spätestens jetzt in Vigo die blanke Angst umging.
Ich dagegen konnte in die letzten beiden Partien mehr als locker hineingehen, war doch sogar die direkte Qualifikation für den CC bereits erreicht. Es lief also alles wie am Schnürchen für uns und ich spürte nach dem Spiel in Vigo erstmals, dass das Script in dieser Saison wohl irgend etwas mit uns vorzuhaben schien, etwas Großes, etwas nahezu Unfassbares. Denn hat sich das Script erstmal auf dich eingeschossen, gibt es kein Entrinnen mehr, auch das war eine der Lehren, die ich aus dem Abstieg ziehen konnte und die nun statt im Negativen wohl im Positiven zu gelten schien.
Dann folgte der Sieg gegen Bilbao, von dem ich keineswegs überzeugt war und begünstigt durch den unerwarteten Punktverlust von Vigo bei Real Barcelona fanden wir uns plötzlich an der Spitze wieder und hatten erstmals eine Art Favoritenrolle inne. Wer meinen Spielbericht vom 33. Spieltag noch einmal durchliest, wird merken, dass ich das Wort Meisterschaft dort mit keiner Silbe erwähne. Ich habe zwar durchaus an diese Chance geglaubt, wollte aber unnötigen Druck vermeiden (der durch die unzähligen Postings á la ‘Mach den Sack zu’ natürlich trotzdem von außen dazukam) und hinterher nicht in Erklärungsnot geraten, falls ich vollmundig den Titel versprochen und es dann doch nicht geklappt hätte.
Zudem war ich zu diesem Zeitpunkt bereits mit der Saison zufrieden. Versus hat kurz vor Saisonende gesagt, dass Calahorra unnötig viele Punkte verschenkt hätte, worüber er sich sehr ärgern würde. Ich habe in dieser Saison genau die gegenteilige Sichtweise gehabt. Ich freue mich vielmehr über die vielen unerwarteten Siege und Punktgewinne, die ich nicht eingeplant hatte (z.B. in Barcelona, in Vigo, zuhause gegen Logronés oder auch in Bilbao), als mich über unnötige Niederlagen (gegen Teneriffa, zweimal gegen Valencia) zu ärgern.
Es folgte der große Showdown am letzten Spieltag. Ich war an diesem Abend übrigens nicht zur ZAT-Auswertung zuhause, sondern bin mit meiner Freundin zum besten Italiener der Stadt essen gegangen. Auf eine Ergebnis-SMS hatte ich ebenfalls verzichtet, da ich mir den Liveticker am späten Abend auf jeden Fall noch antun wollte. Vorsorglich hatte ich mittags übrigens auch schon eine Flasche Sekt besorgt…
Um kurz nach acht hielt ich es aber dann doch nicht aus und rief über mein Blackberry zumindest das KSM-Forum ab. Als ich dort sah, dass es im Hércules-Thread neue Antworten gab (die ich allerdings nicht öffnete, ich wollte ja den Liveticker verfolgen), packte mich ein gutes Gefühl. Oder sollten es nur die ‘Mitleidsbekundungen’ nach einer verpassten Titelchance sein?
Etwa gegen halb zehn saß ich dann endlich am Rechner und erlebte die wohl spannendsten, aber auch schönsten 90 Auswertungsminuten meiner KSM-Karriere. An dieser Stelle muss ich bei einem Menschen Abbitte leisten, den ich wohl völlig falsch eingeschätzt habe. Ich hatte fest damit gerechnet, dass Boss im letzten Spiel gegen uns alles geben würde, um mir - dem großen Stadtrivalen - den Titel zu versauen. Stattdessen spielte er - wohl aus Fairnessgründen - ‘nur’ mit 100% gegen uns. Zwar hatte ich den Einsatz vorsorglich auf 150% hochgeschraubt, denn so kurz vor dem großen Ziel galt es alle Kräfte zu mobilisieren, aber das kam für mich dann doch etwas überraschend. Vielleicht wäre das Spiel ganz anders ausgegangen, hätte Boss den Einsatz ebenfalls erhöht.
Ich muss selbstkritisch zugeben, dass ich nicht weiß, ob ich genauso gehandelt hätte, wenn ich an der Stelle von Boss gewesen wäre und CF im letzten Spiel gegen uns den Titel hätte klar machen können. Insofern Hut ab vor einem großen und fairen Sportsmann El Boss, bei dem ich hiermit in aller Form Abbitte leiste für alle vergangenen Auseinandersetzungen, bei denen ich ihn wohl doch falsch eingeschätzt habe.
Im dritten Teil der Serie zu lesen:
- Bei welchen Managern ich mich bedanken muss
- Welchen großen Traum ich bei KSM jetzt noch habe