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Hertha BSC versus Aberdeen FC / 1. Runde UEFA-Cup
Von Marco Bertram
Es überraschte mich doch ein wenig, wieviele Aberdeenfans den Weg von der Ostküste Schottlands ins Berliner Olympiastadion zum UEFA-Pokalrückspiel der ersten Runde bei Hertha BSC antraten.
Ungefähr 2000 bestens gelaunte Schotten, unterstützt von einigen Fans des BFC Dynamo Berlin, verbreiteten im Gästeblock hervorragende Stimmung.
Das Europapokalspiel gegen die schottische Mannschaft lockte mich nach einigen Monaten mal wieder ins Olympiastadion, zumal ich kurze Zeit zuvor drei Wochen in Schottland unterwegs war.
Nicht unbedingt das Spiel als solches, sondern vielmehr die Fans des AFC und der Fortschritt der Umbaumaßnahmen des altehrwürdigen Olympiastadions weckten mein Interesse.
Eine Stunde vor Anpfiff kaufte ich an einem provisorischen Kassen-Container am Südtor eine Karte für den Gästebereich, die 10 Euro kostete, und warf einen Blick in die Blöcke H und G und das weite Rund.
Eine breite Lücke klaffte an der Stelle, wo einst der Bereich der Ehrentribüne war. Auf Sand und Kies stand einsam ein Kran und wartete auf kommende Aufgaben.
Insgesamt betrachtet, waren wirklich Fortschritte zu verzeichnen. Lücken wurden wieder geschlossen, und ein Großteil der Tribünen und Sitze strahlten im neuen Glanz. Das Stadion wirkte ganz anders als früher. Nicht mehr so miefig und muffig. Fremd, aber überaus interessant.
Trotz gutem Wetter war das weite Rund noch weitgehend leer. Auch im Gästebereich tummelten sich erst 100 Schotten, und ich befürchtete eine Geisterkulisse. Ich machte mich noch einmal auf den Weg zum Eingangsbereich, um zu schauen, wieviele Aberdeenfans womöglich noch an den Kassen stehen.
Und siehe da, etwa 300 Fans wurden soeben von einer Sondereinheit der Polizei eingekesselt. Fans mit Trikots, karierten Mützen und Hemden von Burberry, Stone Island und Lacoste. Gesichter wie man sie aus der Hooligan-Reportage der BBC kennt. Lachende Gesichter. Englische Worte fielen. Leichte Provokationen. Lieder wurden angestimmt.
Nach ein paar Minuten wurden die Fans von der Polizei zum Block geführt. Fußballfeeling kam auf. Es versprach doch ein interessanter Abend zu werden. Und nicht nur der Gästebereich füllte sich noch recht anständig, sondern auch die Herthafans kamen noch in recht beachtlicher Anzahl. Offiziell kamen 30000 Zuschauer.
Stimmung kam auf. Die Aberdeenfans, motiviert vom 0:0 im Hinspiel und den zwei Siegen in Folge in der schottischen Meisterschaft, waren guter Laune und stimmten das ein oder andere Lied an.
Es gab ein ruppiges Spiel. Nachdem die ersten zwanzig Minuten Hertha drückte und Aberdeen permanent mit allen Mitteln verteidigte, stieg die Spannung, und die Herthaspieler wurden nervöser. Erster Frust kam auf. Ständiges Gretschen, Hakeln und Treten führte zu einer Rangelei, was eine Rote Karte für Zecke Neuendorf zur Folge hatte, da er in der Hitze des Gefechtes einem schottischen Spieler einen Kopfstoß verpasste.
"You are shit, shit, shit, shit!!!" brüllte es zweitausend Mündern, als Neuendorf am Gästeblock in Richtung Kabine musste. Später bekam auch ein Spieler des AFC einen Platzverweis.
Es wurde laut im Block.
"...cause we are the famous Aberdeen...", ertönte es ein fürs andere Mal.
Zuletzt 1985 holte Aberdeen FC unter Alex Ferguson den Meistertitel. Zwei Jahre zuvor holten die "Dons" sogar den Europapokal der Pokalsieger. Mit 2:1 wurde Real Madrid besiegt. Auf dem Weg ins Endspiel wurde sogar der FC Bayern München ausgeschaltet.
Die Fans hofften auf bessere Zeiten und auf ein Weiterkommen in dieser Saison. Bis zum Schluss blieb es spannend. Es war kein gutes Spiel, doch es war geprägt durch Einsatz und Kampf.
Erst in der 89. Minute konnte Hertha durch ein Kopfballtor des kurz zuvor eingewechselten Michael Preetz das Spiel für sich entscheiden.
Die enttäuschten Aberdeenfans mussten kurz durchatmen, doch nach Abpfiff wurde die eigene Mannschaft lautstark gefeiert. Das sind britische Fans! Ich wurde an die Celticfans erinnert, die vor zehn Jahren beim FC Köln trotz einem 0:2 eine halbe Stunde lang mit 6000 Leuten nach dem Spiel lautstark feierten und sangen.
Einfach genial! Es machte wieder Lust auf mehr Europapokal und vor allen Dingen Lust auf Spiele mit schottischer oder englischer Beteiligung.
Ein großes Lob an dieser Stelle an alle mitgekommenen Supporter aus Aberdeen, es war ein toller Fußballabend!