Ob man nun die Schuld in der Kommerzialisierung dieses Events "Loveparade" suchen sollte, wage ich mal zu bezweifeln. Ich habe sowohl die Paraden in Dortmund und Essen besucht als auch seinerzeit die Paraden in Berlin und ich habe schon nach Essen festgestellt, dass man diese Paraden, auch wenn sie den selben Namen tragen/trugen, nicht miteinander vergleichen konnte. Einerseits sind das wirklich die Erlebnisse und Empfindungen im Zusammenhang mit Berlin, das weitläufigere Gelände und alles, man hatte nie das Gefühl, man könnte irgendwo eingesperrt werden, auch wenn es sehr voll war, die Veranstaltungsfläche war einfach ausreichend.
Auch in Essen dachte ich noch, dass der Transfer von Berlin nach Essen der Parade nicht unbedingt geschadet hatte. Klar, die Atmosphäre war eine vollkommen andere, auch die letzten Paraden in Berlin waren schon vom Kommerz zerfressen, aber das fand ich noch nicht so schlimm, man konnte dem Kommerz immer ganz gut aus dem Weg gehen. Auch war der Platz der Abschlusskundgebung sehr groß und, auch wenn es dort sehr voll war, es gab immer die Möglichkeit über die Straße in die Fußgängerzone zu "flüchten", um frische Luft zu schnappen. Man muss aber sagen, dass es dann am Hauptbahnhof diverse Probleme mit den Menschenmassen gab, diese waren aber eben in der Masse begründet und, auch wenn sehr ärgerlich, nicht von tragischer Tragweite.
In Dortmund sah die Ganze Sache schon ganz anders aus. Die Parade selbst auf der A40/B1 war noch okay, auch wenn es dort schon sehr voll war. Als aber dann zu späterer Stunde sich der abgesperrte Platz vor der Westfalenhalle mehr und mehr füllte, wurde es auch dort schon unangenehm eng. Den starken Platzregen hatten meine Gruppe und ich dann auch zum Anlass genommen, uns das nicht weiter zu geben. Der Platz dort war viel zu klein und den Anforderungen nicht gewachsen. Meine Gedanken nach dieser Veranstaltungen gingen damals schon in die Richtung: Wenn sich sowas wieder andeutet, gehst du nächstes Jahr nicht mehr hin.
Okay, ein "nächstes Jahr" sollte es dann ja nicht geben, die Stadt Bochum sagte die Veranstaltung ab, da sie befürchtete, den Massen an Besuchern nicht Herr werden zu können.
Als sich dann andeutete, dass dieses Jahr die Parade in Duisburg stattfinden sollte, freute ich mich im ersten Moment, als ich dann aber hörte, wo und wie diese stattfinden sollte, musste ich mich fragen, ob das deren Ernst sein sollte. Umrahmt von A59 und stark befahrener Bahnstrecke, Zu- und Abgang nur von Süden her fand ich als Veranstaltungskaufmann schon sehr riskant, auch ohne das Nadelöhr Tunnel genauer zu kennen. Auf Google Maps konnte man erkennen, dass der Zugang dort nicht besonders groß sein würde und es stellte sich mir schon da die Frage, ob das klappen könnte. Interessanterweise gab bei mir am Freitag abend dann nicht die Sorge über den VA-Ort den Ausschlag, nicht zu fahren, sondern es war das Line-Up und der Timetable. Erst danach kam wieder das: "Auf das Gedränge kannst du verzichten"-Denken dazu.
Als ich dann gestern vorm PC saß und gerade den Stream anschaute, bekam ich zeitgleich einen Anruf und eine ICQ-Message, ob ich das schon mitbekommen hätte auf der Parade. Ich wollte es zunächst nicht glauben, ich war ja quasi "live dabei", aber dann bestätigte sich schnell, dass es leider traurige Wahrheit war. Ich informierte sofort meine geplanten Mitfahrer und erkundigte mich bei einem Kumpel, der nach meiner Absage vielleicht selbst dorthin wollte, ob er nun gefahren war und er war es glücklicherweise nicht. Und dann sah ich das erste Bild vom vollkommen überfüllten Eingang auf derwesten.de...ich konnte nicht fassen, dass die Planer dieses Nadelöhr als einzigen Eingang (und Ausgang auf der anderen Seite) gewählt hatten und dass die Behörden dies genehmigt hatten.
Für mich als Veranstaltungskaufmann ist es unerklärlich, unverantwortlich und einfach nur fahrlässig, eine solche Menschenmasse durch einen solchen Tunnel auf ein an sich viel zu kleines Gebiet zu leiten und ich kann nur hoffen, dass die Staatsanwalt die organisatorischen Köpfe in allen Gremien ausreichend zur Rechenschaft zieht.
Es gibt genug Massenveranstaltungen, auch mit ähnlichen Besucherzahlen, die deutlich entspannter ablaufen, da dort für genug Fläche gesorgt wird, ob bei der Anreise, den Wegen zum VA-Gelände oder auf dem Gelände selbst. Hier jedoch haben die einzelnen Gremien auf Grund von Fahrlässigkeit versagt, und das gehört bestraft!