hier: das halte ich von diesem "verein" und von allen die damit was zu tun haben:
Viel ist geschrieben worden in den vergangenen Wochen und Monaten über die TSG, oder wie der Klub dank kluger Marketingstrategen nun heißt: 1899 Hoffenheim. Egal ob Jubel oder Abneigung, kalt gelassen hat das, was sich binnen weniger Jahre in Hoffenheim abspielte, wohl so gut wie keinen Fußballfan in Deutschland. Wie könnte es auch. Denn keinem anderen gewöhnlichen Kreisligaklub ohne Fanbasis, ohne Bezug zu einer Stadt oder einer Region ist es je gelungen, sich einen Milliardär aus dem Hut zu zaubern, der ohne Rücksicht auf Verluste Jahr für Jahr das komplette Spielermaterial austauscht, um auf Teufel komm raus weiter aufzusteigen.
Während die arrivierten Blätter und Sender vor allem das „revolutionäre“ sportliche Konzept des „sympathischen Underdogs aus der Provinz“ feiern, beziehen sich die negativen Äußerungen aus Fankreisen meist auf das komplette Gebilde und die Vorrausetzungen des sportlichen Erfolgs. Denn im Gegensatz zum Märchen von der „alten Liebe zum Heimatklub, der mit Talenten aus der Region hochkommen will“, setzte Hopp schon früh auf teure Spieler und Trainer, deren sportlicher Stellenwert weit mehr hergegeben hätte, als ein Engagement bei der damals dritt- oder zweitklassigen TSG.
Der Versuch, durch Fusion mit mehreren Vereinen den FC Heidelberg 06 zu kreieren und die millionenschweren Transfers in der vergangenen Saison entlarvten das Konzept dann endgültig als das, was es war: ein erkaufter Erfolg eines kleinen Vereins, der ohne die regelmäßige Geldspritze von Herrn Hopp niemals eigenständig leben könnte und den eigentlich keiner haben will.
Auch wir in Düsseldorf haben das Projekt in den vergangenen Jahren intensiv beobachtet. Denn gerade Fanszenen von abgestürzten Traditionsklubs wie Fortuna beanspruchten für sich immer wieder genau die Plätze in den oberen Ligen, die Klubs wie Wolfsburg oder Leverkusen innehaben. Doch bezog sich die Kritik an den, nennen wir sie mal „älteren Plastikklubs“ meist nur auf die fehlende oder kleine Fanbasis, hat sich die neue Generation der unverhältnismäßig gesponserten Klubs (Wehen, Ingolstadt) einen regelrechten Hass der kompletten Fangemeinde auf sich gezogen.
Es mag wohl am sportlichen Erfolg der Hoffenheimer liegen, dass sie nun stellvertretend für diese neue Generation die meiste Kritik auf sich ziehen. Es liegt aber sicher auch am Auftreten eines Herrn Hopp, der sich meist mit Weißweinglas auf der VIP-Tribüne ablichten lässt und gebetsmühlenartig auf die Genialität seines Konzepts verweist während er andere Klubs als unfähig hinstellt.
Dass dieses über kurz oder lang für mehr als harmlose Sprüche auf schlecht gemalten Transparenten oder belanglose Internetdiskussionen sorgen würde, war abzusehen. Nun hat sich ein Trend in den Kurven festgesetzt, der nicht nur Hopp, sondern auch seine Freunde und Gönner vom DFB in helle Aufregung versetzt: Ganze Szenen machen nun Mottofahrten nach Hoffenheim (oder noch Mannheim), kreieren eigene Lieder gegen den Mäzen und beschränken sich nicht nur auf ein „Pflichtspruchband“, sondern feuern ihre Kritik 90 Minuten lang ab. Und da auf dem Fußballplatz schon immer ein anderer Ton herrschte, als beim Sonntagskäffchen mit Oma und Opa, war auch das ein oder andere dabei, was unter die Gürtellinie ging.
Doch was bei Oliver Kahn, Uli Hoeneß oder sämtlichen Minderheiten jahrelang von Verbänden oder Vereinen mit einer „so-ist-das-halt-im-Stadion-Haltung“ abgetan wurde, ist seit den Schmährufen gegen den Milliardär und neuen Vorzeigedeutschen auf einmal primitives Gepöbel von Krawallmachern. Selbst sportliche Konsequenzen will der DFB nun gegen die Klubs verhängen, deren Fans aus Sicht der Verbände und vor allem Hopp selber zu viel Kritik äußern.
Doch was im ersten Moment lediglich wie eine peinliche Drohung eines beleidigten älteren Herrn aussieht, könnte in Wirklichkeit der Anfang vom endgültigen Ende einer mündigen und lebendigen Fankultur sein.
Schon in Sachen Pyrotechnik haben es Polizei und DFB in den vergangenen Jahren geschafft, das „Normalvolk“ gegen ultraorientierte oder sonstige Pyromanen aufzubringen. Und das nicht über eine Art Aufklärung über die ach so akuten Gefahren eines bengalischen Feuers. Nein, der große Unmut unter den Otto-Normal-Fans entzündete sich erst, nachdem der Verband Pyrotechnik mit Gewalt gleichsetzte und sportliche oder wirtschaftliche Strafen für Rauchbomben oder Leuchtraketen verhängte. „Eigentlich finde ich das bei einem Abendspiel geil, aber das schadet nun mal dem Verein, deswegen darf das nicht mehr sein“, ist wohl die Standardhaltung von weit über der Hälfte der deutschen Stadionbesucher. Und was dem Verein schadet, das darf nicht sein. Und vor allem: Wer dem Verein schadet, kann kein Fan sein.
Was also aktuell Gewalt und Pyrotechnik sind, könnte in Zukunft das Recht auf freie Meinung sein. Wer eine Haltung vertritt, die der des DFB nicht entspricht, wird aussortiert. Schon jetzt hat Hopp im Donnerstags-Kicker eine Verschärfung der Stadionverbotsrichtlinien gefordert. Behalte deine Meinung für dich oder bleib draußen, lautet also das neue Gebot der Stunde. Was Nazis und Rassisten, die dunkelhäutige Spieler seit Jahrzehnten mit den wildesten Lauten begleiten, unter vorgehaltener Hand, immer noch gestattet wird, soll kritischen und aufgeklärten Menschen nun nicht mehr möglich sein.
„Die Fußball-Arenen sind kein rechtsfreier Raum“, mahnte Hopp im gleichen Interview. Dass sich der Milliardär, der damit die verfassungsmäßigen Grundrechte eines jeden Bürgers beschneiden will, ausgerechnet auf den Rechtsstaat beruft, ist nur ein weiterer Mosaikstein der vielen Peinlichkeiten und Wirrungen rund um den SAP-Gründer.
Was passiert also, wenn die nächste Kurve Herrn Hopp aufs Übelste beleidigt und der DFB dem Klub darauf hin Punkte abzieht? War die Kritik dann auch falsch, weil sie ja dem Verein geschadet hat? Man kann nur hoffen, dass es so weit nicht kommen wird. Denn dann sind der Willkür Tür und Tor geöffnet. Wer entscheidet, was noch gesungen werden darf? Ist „Arschloch“ noch okay? Ist „Wichser“ schon zu viel?
Es bleibt abzuwarten, was sich die Entscheidungsträger an der Spitze des deutschen Fußballs noch weiter einfallen lassen, um die mündigen und kritischen Fans weiter auszuschließen. Oder um aus einem ehemaligen Lebensinhalt der Proletarier nun ein Event für gelangweilte Besserverdiener zu machen. Von solchen Zuschauern, für die der Stadionbesuch und der Verein das Wichtigste im Leben sind, zu solchen, für die er nur eine von vielen möglichen Alternativen bei der allwöchentlichen Freizeitgestaltung darstellt. Solche Zuschauer fahren nicht auswärts, malen keine Fahnen, basteln keine Choreographien und brauchen keine Stehplätze. Diese erleben keine Repression und stoßen nie auf Ablehnung, da sie nie etwas tun würden, was nicht den Normen der Sicherheitsfanatiker und völlig weltfremden Gutmenschen in den Verbänden entspricht.
Doch wir werden uns nicht kriminalisieren lassen und immer und überall unsere Werte vertreten. Steht zu eurer Meinung. Sagt, was ihr denkt. Kämpft diese Schlacht mit uns. Es könnte die Wichtigste der nächsten Jahre sein.